Wir sind Schlichter – keine Richter

An der WFS regeln die Schüler*innen ihre Konflikte möglichst selbst

„Viele kleinere Konflikte regeln die Lehrer*innen oft auf dem Gang oder zwischen Tür und Angel, wenn z. B. ein Kind kommt und sich über ein anderes beschwert: z.B. der XY hat mir meinen Füller weggenommen oder kaputt gemacht. Das ist nicht gut“, sagt Lehrer Pfafferodt, der die Streitschlichter an der WFS betreut. „Man muss in den Unterricht und hat zu wenig Zeit, um sich in Ruhe beide Seiten anzuhören und eine gerechte Lösung für alle Parteien zu finden.“

Ausgehend von dieser Alltagssituation des Schullebens hat die WFS aus der Not eine Tugend gemacht: eine Streitschlichter­gruppe wurde eingerichtet.  Schüler*innen aus den Jahrgängen 8 bis 10 und einige Freiwillige aus der Oberstufe empfangen die Streitenden, wenn diese es wollen und klären in Ruhe die Situation. Dabei achten die Schlichter*innen darauf, dass alle Beteiligten zu Wort kommen, gehört werden und niemand sein Gegenüber anschreit oder beleidigt. „Wir hören uns alle Seiten an und unterstützen die Streitenden dann dabei, ihre eigenen Lösungen miteinander zu finden.“, sagt Schülerin Maren Hildebrand, die gerade ihr drittes Jahr als aktive Streitschlichterin begonnen hat und mit ihren Schlichterkolleg*innen zusammen in den Pausen die streitenden Schüler*innen empfängt und ihre Gespräche anleitet. Die Streitschlichter haben nämlich zuvor bei Herrn Pfafferodt eine halbjährige Ausbildung gemacht und vor allem das aktive Zuhören gelernt. Am Anfang dachten die meisten, sie sollten den Konfliktparteien vorschreiben, wie sie ihre Konflikte lösen sollen. Aber das Motto lautet: „Wir sind Schlichter, keine Richter!“.

„Oft braucht man Hilfe, um sich erst einmal auf Augenhöhe zu begegnen, da man noch wütend ist. Die Meisten Konflikte sind wie die Spitze eines Eisbergs, der erst einmal unter der Wasseroberfläche erforscht werden muss, um die Gründe hinter dem eigenen Handeln und dem Handeln des Gegenübers zu verstehen. Wenn jedoch einmal ein gegenseitiges Verständnis und Zuhören möglich ist, ist es auch möglich, einander um Verzeihung zu bitten und zu verzeihen. Aber das sind dann die Entscheidungen der beiden Konfliktparteien und nicht ein Machtwort der Lehrperson.“, erklärt Kollege Pfafferodt das Konzept. 

 „Das Streitschlichterprojekt passt auch zu unserer Schule, denn wir legen viel Wert auf soziales Miteinander“, erklärt Herr Wandrey, der Schulleiter der Schule. Und selbstver­ständ­lich gibt es auch schwerere Konflikte, die weiterhin von der oder dem Klassenlehrer/in in Zusam­menarbeit mit der Schulleitung und den Eltern besprochen werden müssen. „Wir wollen uns damit nicht der Verantwortung entziehen, Regelverstöße zu ahnden. Aber wir haben gelernt: Schülerinn­en und Schüler können mehr und wir Lehrkräfte müssen nicht überall und sofort immer einschreiten. Das ist manchmal sogar kontraproduktiv. Hinzu kommt, dass besonders die Streitschlichter*innen dabei etwas fürs Leben lernen, nämlich zuzuhören, neutral zu bleiben und Konflikte ohne Gewalt, sondern durch Gespräche zu lösen.“

Ein Modell auch für Erwachsene!